Modena Chronik

Gründungs-SteckbriefModena als Taubenrasse des Jahres 2021 zum 50jährigem Jubiläum in Leipzig zum Gruß

Es war ein langer Weg durch die Jahrhunderte bis aus den Triganica - Tauben aus der Stadt Modena in Italien zunächst die Triganino Modenese entstanden, aus denen die Deutschen Modeneser und letztlich dann auch die Modena züchterisch entwickelt wurden. Wie aber sah die Urform dieser Taubenrasse aus? Aus früher Zeit existiert eine Federzeichnung einer Triganica - Taube von Prof. Bonizzi, die vereinfacht ausgedrückt einen Italienischen Modeneser (Triganino Modenese) zeigt, der sehr hochbeinig ist, wobei die Schwingen und der lange Rücken an die Syrischen Segler erinnern.Aber zurück zu den Triganica - Tauben. Neumeister waren sie bekannt, der sie als erster als eine Huhntaubenart klassifizierte und die Zeichnung als eine Art "Florentinerzeichnung" angab, womit die heutigen Gazzi gemeint waren. Einiges deutet darauf hin, dass die Gazzi - Zeichnung die klassische Form der Triganica Tauben war und die einfarbigen Farbschläge erst aufgrund von Kreuzungen hinzugefügt wurden.

 

Anfang 1975 erschien in der Fachpresse ein Artikel von W. KG. Moebes (Berlin), der die Interpretationen der von Prof. Bonizzi beschriebenen 152 Farbschläge der "Modeneser" behandelt. In seinem Artikel stützt sich Moebes auf Martinelli und favorisiert die Schietti - Varianten als den Ursprung aller Farbschläge. Der Begriff Gazzi ist abgeleitet vom italienischen "Gazza", was so viel heißt wie Elster. Schietti ist abgeleitet von "schietto" und bedeutet "ungemischt", was so viel bedeutet wie einfarbig. Gustav Prütz bekam zwei Paare, die er von Professore Paolo Bonizzi direkt erhielt. Bereits 1830 sollen jedoch laut Dietz durch italienische Emigranten „Modeneser“ nach Frankfurt gebracht worden sein, die dann jedoch verloren gingen. Ebenso im Jahr 1876 importierten die bekannten Deutschen Baldamus und Tittel „Modenesertauben“ wiederum von Prof. Bonizzi. In einem Bericht der Geflügel-Börse vom 23.Juni 1911 wird beschrieben, dass Dr. E. Baldamus in den "Blättern für Geflügelzucht" die erste detaillierte deutsche Beschreibung der „Modenesertauben“ veröffentlichte. Illustriert war der Artikel mit Zeichnungen von Professor Malatesta, die den Flug Typ darstellten.

 

Bemerkenswerter Weise zeigte 1878 bereits R. Tittel, als Leiter des Ornithologischen Institutes Halle, eine Kollektion von 50 Modeneser Paaren bei einer Ausstellung. Die Tauben zeichneten sich damals schon durch ihre Kürze aus, waren allerdings in der Körpergröße eher mit den "Feldtauben" vergleichbar.

 

Von Deutschland aus kamen dann die ersten Modenesertauben nach England. Mr.Charles E. Chavasse führte sie von einem Züchter aus Berlin schon in den Jahren 1876 bis 1878 nach England ein. Bei diesen ersten Paaren, die den Grundstock für die züchterische Entwicklung der Modenas legen sollten, handelte es sich um Gazzi in dunkel bronzeschildig.

 

Bis 1878 waren also die Modena, die deutschen- und die Italienischen Modeneser einfach die Triganino Modenese (Turteltauben aus Modena). In der "Feathered World" erschien am 20.5.1898 ein Bericht, in dem ein englisch/deutscher Vergleich gezogen wurde. Der Autor war der Meinung, dass die Deutschen Modeneser zwar in der Zeichnung und in den Farben besser seien, er jedoch die Englischen Modeneser vorziehe, die ihm in der Form besser gefallen, da sie kürzer seien, im Körper kräftiger, und bereits den in England erwünschten "Leghornschwanz" (Leghorn Runt) zeigen. Im Jahr 1910 ergriff dann Mr. W. F. Holmes die Initiative und startete einen Aufruf in der "Feathered World" zur Gründung eines Sondervereins. Am 15.11.1910 wurde der "National Modena Club" in England gegründet. Der Standard wurde 1912 in der "Feathered World" veröffentlicht und schaffte auf breiter Ebene die Basis für die eigenständige Entwicklung der Modena als Rasse.

 

1928 berichtet Peschke von der "Crystal Palace Show" in London, in der bereits 577 "Modeneser" des sehr fülligen, kurzen und tiefgestellten Typ (Zitat) ausgestellt wurden.

 

Wertvolle Aufbauarbeit, um die Rasse "salonfähig" zu machen und den MCD ins Leben zu rufen, leistete die Zuchtgemeinschaft Pulheim. Dahinter verbargen sich die Zuchtfreunde Schmitz, Becker, Keller, Bovenschen, Ridders und Schleith. Sie bauten die ersten Zuchten damals mit Importtieren vornehmlich aus Holland und England auf. Maßgeblich beteiligt an der Vermittlung von Tieren war der holländische Zuchtfreud Blauuw. Unter dem Namen Zuchtgemeinschaft Pulheim" kommen die "Englischen Modeneser" 1970 ins Anerkennungsverfahren, und wurden als "Neuzüchtung" auf den maßgeblichen Ausstellungen vorgestellt, dann aber doch als neue ausländische Rasse direkt anerkannt.

 

Der "Englische Modena Club Deutschland" wurde aus der Wiege gehoben am 17.Juni 1971. Im späteren Sprachgebrauch bürgerte sich der Name "Modena Club Deutschland" ein (MCD). 18 Modena-Freunde gründen damals den Club in Pulheim bei Köln, im Herzen der "Zuchtgemeinschaft Pulheim". Treffpunkt und Ereignisstätte der Gründung war die Gaststätte von Engelbert Keller. Zuchtfreund Blauuw (NL) wurde aufgrund seiner Unterstützung des noch jungen MCD zum ersten Ehrenmitglied des MCD ernannt. Als erster Vorsitzender des MCD wurde Josef Becker gewählt.

 

Der „Modenazug“ eroberte kontinental Europa als Urs Freiburghaus, als erster Europabeauftragter für die Modena, „den Zug über Jahre anschob“.

 

Die erste Europaschau für Modena Tauben fand 1973 in Caen in Frankreich statt, und wurde von den Zuchtfreunden Roger Guillemont (F) und Urs Freiburghaus (CH) ins Leben gerufen. Meldezahlen bei diesen rassebezogenen Europaschauen von 2000 bis 2500 Modenas sind bis heute keine Seltenheit.

 

International werden die Modena in unterschiedlichen typmäßigen Ausprägungen gezogen. In den USA ähneln die Modena den King Tauben. Als „Little King“ bevorzugen z.B. die Australier, Neuseeländer, Südafrikaner diese typmäßige Variante der Modena, die aber auch in den Emiraten gefallen.

 

Doch zurück zu unseren europäischen Modena. Wie sieht der europäische Typ unserer Modena aus? Rund, rund und noch einmal rund, das ist die Grundmaxime bei den Modena Tauben. Bei mittlerer Größe und gleichen Proportionen in Höhe, Breite und Länge „passt“ der Modenakörper in einen Handball. Den Hals in den Rücken gelegt (nicht „eingezogen“) bildet das Auge fast eine senkrechte Linie zu den möglichst geradestehenden Beinen. Der Stand selbst ist breit und fest.

 

Modena sollen sich freistehend im Schaukäfig „anbieten“ und nicht an der Rückwand anlehnen (abstützen). Ein Modena ist in seiner Haltung rassig, kraftstrotzend und zeigt eine ausgewogene, stabile, selbstbewusste und waagerechte Körperhaltung. Die Brust ist breit. Der ideale Modena „fällt nicht nach vorne“ um Brust vorzutäuschen.

 

Ein Modena ist aus jeder Sicht des Betrachters allseits gerundet! Der stark angezogene Schwanz „verkürzt“ optisch den Rücken, der natürlich aber anatomisch vorhanden ist. Die Schwingen liegen auf dem Schwanz auf. Ein leichtes Kreuzen der Schwingen ist zu akzeptieren. Ein „durchdrücken“ des Schwanzes durch die Schwingen ist ein grober Fehler.

 

Die Unterlinie des europäischen Modena ist tief und ohne „Absatz“ ausgerundet. Insbesondere vor/unter dem Flügelbug erwarten wir eine durchgehend runde Brusttiefe und Unterlinie, die sich bis zum Aftergefieder durchzieht. Das Gefieder (einschließlich dem Schwanzkissen) ist annähernd straff und fest. Im Idealfall übersteigt die Schwanzlänge den Kopf nicht oder nur kaum. Die Schwanzbreite selbst fügt sich anatomisch und proportioniert in das Gesamtbild ein. Ein breiter und „aufgespreizter“ Schwanz ist nicht erwünscht. Ein „zwei Feder“ Schwanz, wie bei den Kingtauben, aber ist nicht gefordert! Eine ausgeprägte steigende und breite Stirn und ein gerundeter „Hengstnacken“ (ein betonter länger gezogener Hinterkopf der gerundet in den vollen Hals übergeht) runden den Gesamteindruck positiv ab. „Kleine“ Schnabelwarzen sind im Standard nicht beschrieben, sehen aber schön aus. Die Zehen sind unbefiedert. Eine Befiederung bis zu den Zehen fördert aber optisch den kraftstrotzenden Ausdruck des typhaften Modena.

 

Der Europastandard wurde im Mai 2016 durch die EE anerkannt und veröffentlicht. Fast ein Jahrzehnt der Verhandlungen war hierzu nötig, weil England als Ursprungsland der Modena gilt. Die Engländer wollten die Zuchtfreunde in den USA nicht „verprellen“, die einen dem King näheren Taubentyp bevorzugen. Jacky Grauss (FR) hat sich hier, mit viel „Herzblut“ und Engagement sehr verdient gemacht.

 

Besuchen Sie unseren Info-Stand in Leipzig! Auch für jüngere Züchter sind Modena geeignet, die Spaß an „Farbschlaggenetik“ und kreativer züchterischer Aktion haben. Züchter, die so denken sind in unserer „Modena Community“ herzlich willkommen. Der Modena Club Deutschland bewegt was in Europa.

 

Bundesvorsitzender des MCD (Kontakt):

Helmuth Krengel

Im Kann 24

37242 Bad Soden-Allendorf

Tel.: (05652) 1879

E-Mail:

 

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Episoden der Modena-Zucht hinter der einstigen Mauer - Man mag sie heute nicht mehr glauben! - Martin Zerna In wenigen Jahren feiert der Modena Club Deutschland sein 50. Gründungsjubiläum. Diesen bevorstehenden Höhepunkt nehme ich zum Anlass, Episoden von einst aufzuschreiben. Jüngeren Generationen mag dabei inzwischen einiges unglaublich erscheinen. Andererseits erkennen wir gemeinsam, dass schnelllebige Einflüsse unaufhörlich auf unsere Rassetaubenzucht einwirken. Meine Rückschau beginne ich weit vor der Clubgründung, obendrein auch nicht mit Modena. Damals waren die Zeiten anders. Modena, die Rassebezeichnung war der Allgemeinheit meist unbekannt. Beim Rassenamen Modeneser, die gab es ja schon länger in Deutschland, wurde trotzdem noch grauenhaft buchstabiert. In diesem Zeitabschnitt, es war der 29. Juli 1954, bekam ich von meinem Vater - ein bekannter Wyandotten-Züchter – mein erstes Paar Modeneser Schietti. Der begriffliche Rassezusatz „Deutsche“ kam erst viel, viel später hinzu! Erste Bekanntschaften 1960 wurde ich Vereinsmitglied. Mit 12 Jahren fühlte man dadurch eine Art Ritterschlag. Jetzt bin ich ein „richtiger“ Züchter. Was tatsächlich zu einem Züchter gehört, konnte ich damals noch nicht übersehen. 24 Monate später wollte ich Mitglied der SZG (SV) Modeneser werden. Das ging zunächst nicht so leicht vonstatten. Jugendliche aufnehmen, da legte sich der SZG-Vorstand quer. Letztlich musste meine Mutter eine Zustimmungserklärung für meine Mitgliedschaft schreiben und ich wurde ab 1.1.1963 SZG-Mitglied. Das war eine Freude! Zweimal im Jahr erschienen Rundschreiben. Die Papierqualität und ihr doppelseitige Ormig-Abzug zwangen zum baldigen Lesen, sonst sah man nur noch wenig von der Schrift. So gut waren die manchmal gepriesenen alten Zeiten auch nicht. Aus den Rundschreiben erfuhr ich u.a., dass es vom Modeneser noch einen englischen Typ gibt. Gegen den wurde aus allen Rohren scharf geschossen. Die dadurch heraufbeschworene Antipathie der SZGMitglieder setzte sich bis über die Zeit der Anerkennung unserer Modena in der DDR fort! In der Regel ging es immer um den dicken Hals. Und trotzdem gab es im Osten einzelne Züchter, die den englischen Typ mochten. Ich erinnere mich an eine JHV um 1965 im Hotel Schlachthof in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Dieter Schoppe aus Liebertwolkwitz bei Leipzig hatte 5 oder 6 rotfahle Schietti in der Tierbesprechung. Alle relativ starkhalsig, rund und abgedreht, keinesfalls erstklassige (deutsche) Modeneser-Typen. Dieter Ulbricht, damals noch PR-Anwärter, stotterte an den Tauben herum. Wirkliche Kenntnis von Englischen Modena besaß kein Mensch im Raum. Auf Ausstellungen wurden diese Tauben, als Modeneser ausgestellt, tüchtig runter gedrückt. Dieter Schoppe ließ sich dadurch wenig stören. Kontaktbrüche durch Mauerbau Vor 1961 gab es zwischen einigen SZG und SV noch feste Kontakte. Man stimmte sich in Standardfragen ab und tauschte Neuheiten aus. Das war einfach so. Der Mauerbau führte zur unweigerlichen Abkopplung der Züchter auf der östlichen Seite der Demarkationslinie. Wie immer im Leben, es gab auch die berühmten Ausnahmen! Von meinen Eltern wurde ich zu einem selbständig und demokratisch denkenden Menschen erzogen, der nicht unbedingt linientreu lebte und handelte. So ergab es sich, dass ich 1962 im Urlaub den bekannten Züchter und Preisrichter Werner Salz, damals in Frose im Ostharz wohnend, später in Rhynern/Westfalen beheimatet, kennen lernte. Er wurde als Ersatz für meinen verstorebenen Vater mein züchterischer Ziehvater und Mentor. Über ihn bekam ich in tiefster DDR-Zeit Züchterkontakte nach Rhynern zu den Modeneser-Freunden. Und durch sie wiederum knüpften sich langjährige Kontakte mit Helmut Bechstein aus Maintal. Das entwickelte sich um 1972. Besonders interessiert bei diesen Kontakten war ich, an Fachzeitungen zu kommen. Das wurde in Größenordnungen Wirklichkeit und so las ich im DKZ die einst häufigen Beiträge aus der Modena Szene. Automatisch war mir alle wichtigen Züchternamen ein Begriff. ZG Pook-Dralle, die Gazzi-Könige auf Ausstellungen. Oder der Modena-Maier-Weg und auch das tragische Ende des Clubvorsitzenden Weih, alles war dadurch im Osten bekannt. Von 1975 an hatte ich den DKZ jahrgangsweise komplett und dazu jede Menge Kataloge. Das war wie im Trainingslager. Übrigens entwickelten sich in der Zeit auch die Kontakte zu Bernd Beck über Helmut Bechstein. Dabei drehten sich u.a. Gedanken um das Thema, wie könnte man im Osten Modena geschickt rauszüchten. Nicht lachen, das war so! Wir haben natürlich noch viel mehr gemeinsam erlebt. Beim Studium meiner Stasi-Akte nach dem Mauerfall fand ich noch einige Späße. Ein unerwartetes Erlebnis Am 8. Februar 1976 beging mein züchterischer Ziehvater Werner Salz seinen 65. Geburtstag. Inzwischen bewegten wir uns beide in vielen Dingen auf Augenhöhe. Seit 1970 war ich selbst PR und sein Nachfolger als Zuchtwart in der SZG Modeneser. v.l. Martin Zerna, Werner Salz, Heinrich Volle und Clemens Schlotböller Zum besagten Geburtstag kamen aus Rhynern Clemens Schlotböller, inzwischen der Schwiegersohn von Salz, sowie Heinrich Volle, damals Vorsitzender des SV Deutsche Modeneser. Als Gäste waren wir bereits zwei Tage zuvor in Frose angekommen. Wie üblich, wurden zunächst die Taubenschläge und Ställe von uns aufgesucht. Was entdecke ich dabei, einen schwarzen Modena Gazzi Täuber! Ich hörte dazu, dass der Vogel aus der Zucht von Jacob Stier, Maintal, stammte und aus Rhynern für den ostdeutschen Modeneser-Züchter Wolfgang Schlotter mitgebracht worden war. Stier war zunächst eine “große Nummer“ in der Modeneser-Szene und später auch bei den Modena. Wer erinnert sich heute noch daran? Dieser Täuber war als Modena kein Prachtexemplar. Stier hatte ihn bewusst so ausgewählt, denn er sollte in die Modeneser eingekreuzt werden – damals sehr beliebt. Mit Wolfgang Schlotter war ich persönlich befreundet. Noch bevor der Täuber aus Frose zu ihm gelangte, hatte er meinen Brief mit der Bitte, das Tier nie abzugeben, ausgenommen an mich. Nach der Zuchtsaison 76 kam der Täuber tatsächlich in meinen Schlag. Dieser schwarze Gazzi war der erste Modena, der Mauer und Stacheldraht überwand und die ernsthafte Zucht der Rasse auslöste. Aus purem Interesse nach Polen gefahren Im Januar 77 fuhr ich erstmals mit drei Preisrichterkollegen zur Ausstellung nach Posen. Die Erlebnisse auf der Hin- und Rückfahrt waren ein Kapitel für sich. Es waren verrückte Zeiten! In der Messehalle musterten wir ausgiebig Tauben. Plötzlich stehe ich vor 4 blau weißbindigen Schietti. Es schoss mir durch den Kopf, das sind ja Modena! Ich wollte unbedingt den Züchter sprechen. Der war jedoch noch nicht vor Ort, sondern sollte am Sonntag kommen. Einen Mitarbeiter der Ausstellungsleitung bat ich, die Modena in die Hand nehmen zu dürfen. Sofort erfolgte die Einwilligung und ein Helfer öffnete mir die Käfige. Erst die Taube mustern, dann den Ring anschauen. Was war das? Ich sah einen englischen Ring. Auch die anderen drei Modena hatten englische Ringe. Wie jetzt weiter mit den Tauben? Guter Rat schien teuer. Ich ließ mir den Namen und die komplette Anschrift des Ausstellers aus Bromberg geben. Zu Hause schrieb ich einem mir bekannten Züchter, der in der gleichen Stadt lebte und brachte zum Ausdruck, die vier Modena kaufen zu wollen. Mein Ansinnen traf zunächst nicht auf Gegenliebe. Folgender Grund: Der polnische Aussteller reiste Jahr für Jahr für einige Monate als Tierpfleger zum bekannten englischen Modena-Züchter Mr. John Sears. Der jedoch war kein Freund von Verkäufen oder Schenkungen. In einer schwachen Stunde muss er dem Polen trotzdem zwei Paare Modena überlassen haben und er sollte sie nicht abgeben. Trotzdem öffnete sich ein Hintertürchen. Mir wurde eine Nachzuchttäubin angeboten. 100 Ost-Mark sollte sie kosten, für damalige Verhältnisse allerhand „Holz“. Keine Frage, die Taube wurde gekauft. So entstand 1977 das erste Zuchtpaar Modena im Osten aus einem schwarzen Gazzi und einer blau weißbindigen Schietti. 7 Junge wurden aufgezogen, alle matt schwarze Schietti, was sonst. Eine kleine Zuchtverbreiterung Die jungen schwarzen Schietti nahm ich mit zur Tierbesprechung im Ortsverein. Sofort zeigte sich Lothar Christoph, später einige Jahre Mitglied in der Modena-Gruppe der SZG, interessiert. Ich schenkte ihm die Nachzucht als Startbasis. So waren wir zwei Modena Züchter. Im Jahr darauf kaufte Lothar Christoph die vier englischen Original-Tauben in Polen, zog davon bzw. stellte aus. Zum Verständnis möchte ich deutlich herausarbeiten, dass man die damaligen Modena nicht 1 zu 1 mit heutigen Tauben vergleichen kann. Das wäre ausgesprochen vermessen. Über Bernd Beck bekam ich in der Folge einen schwarzen Schietti-Täuber und eine gescheckte Taube sowie weitere schwarze Gazzi. Volkhard Lapp brachte mir ein Paar schwarzer Gazzi mit nach Leipzig. Auf diese Variante konzentrierte ich mich für das Anerkennungsverfahren. Der „Buschfunk“ meldete außerdem, dass zwei Züchter aus dem heutigen Sachsen-Anhalt ebenfalls Modena aus dem Westen bekommen hätten. Von den gelben Schietti von Klaus Thümmler wusste ich bereits durch meine Besuche bei ihm. Damit planten wir einen möglichst guten ersten Auftritt vor der Anerkennungskommission. Das wiederum war leichter gesagt als getan! Modena galten als eine westliche Taubenrasse, also etwas vom Klassenfeind. Es wurde nicht allein auf das züchterische Umfeld geschaut, sondern straff bewertet. Später erlebten wir eine parallele Herangehensweise mit den Voorburgern. Mich beeindruckt das kaum. Ich hatte hemmungslos alle notwendigen Unterlagen dem VKSK eingereicht. Der erste Auftritt zur LIPSIA Im Spätsommer 1978 besuchte mich Erich Büsing, damals Ausstellungsleiter der LIPSIA. Er hatte gehört, ich würde auch Voorburger Schildkröpfer besitzen. Die interessierten ihn wahnsinnig. Da er Mitglied der Standardkommission war, sprach ich mit ihm lange über Modena und zeigte ihm unterschiedliche Tauben dazu. Das war hilfreich, wie sich etwas später zeigte. Vom 1. bis 3. Dezember 1978 fand die LIPSIA DDR-Rassegeflügelausstellung in der Alten Messe statt. Die Hallen 5, 14 und 15 standen dafür zur Verfügung. Etwas über 28.000 Stück Geflügel und Tauben wurden präsentiert. Darunter erstmals 30 Englische Modena, so die damalige Rassebezeichnung. Die vorgestellten Modena gliederten sich in 4 Gazzi, schwarz; 6 Schietti, gelb; 4 Schietti, blau mit bronze Binden; 6 Schietti, blau bronzegehämmert; 4 Schietti, schwarz; 6 Schietti, schw. gescheckt. An die Note hv oder gar eine Punktbewertung war damals nicht im Traum zu denken. Vielmehr möchte ich sagen, es wurde ziemlich konservativ bewertet. Trotzdem vergaben die amtierenden Richter (Walter Engmann und Erich Büsing) bei der ersten Vorstellung der Rasse insgesamt gleich 12 Mal die Note sg. Und zwar in jedem Farbenschlag war wenigstens einmal ein sg auf der Karte. Keine Frage, die Besucher der Ausstellung haben die Modena in der Klasse Neuzüchtungen sehr genau angesehen. Jetzt war das Interesse in breiter Front in der DDR geweckt. Das alles wurde nur möglich, weil hilfreiche Züchter aus der alten Bundesrepublik Modena in den Osten gaben, die eine gewisse Qualität aufwiesen. Interessant war außerdem, dass die ausgestellten Modena 7 verschiedenen Ausstellern gehörten. Fünf davon gehörten der SZG (SV) Modeneser an. Man rekapituliere in der Sache noch einmal: Jahrzehnte lang wetterten die deutschen Modeneser-Züchter gegen den englischen Typ. Und dann diese Bescherung. Auf mich war man hinter vorgehaltener Hand besonders böse. Schließlich war ich Zuchtwart in der SZG Modeneser Ein Standardbild zum Abgewöhnen Ohne Wenn und Aber durchliefen die Modena das vorgeschriebene Anerkennungsverfahren, auch zeitlich. Obwohl ich das nach meiner Auffassung perfekte Gazzi-Musterbild des Modena Club Deutschland zur Anerkennung eingereicht hatte, veranlasste die zuständige Stelle im VKSK eine Neuzeichnung. Der Maler hatte absolut kein Verständnis für die Rasse und das, was er durch das Musterbild ausdrücken sollte. Er fummelte buchstäblich eine Taube zusammen, die für mich abschreckend aussah. Mir gut bekannten Zuchtrichterkollegen schenkte ich je ein kopiertes Standardbild des Clubs und riet, es über das Bild im DDR-Standard zu kleben. Keine Frage, das haben einige Kollegen tatsächlich so gemacht. Zeitungs-Beiträge über die Rasse Um entsprechend einheitlichen zu fokussieren und die Rasse möglichst vor Fehlentwicklung zu bewahren, schrieb ich immer wieder Beiträge in der VKSK-Zeitung Garten und Kleintierzucht, Ausgabe B. Das war die für die Rassegeflügelzüchter. Andere Fachzeitungen gab es im Osten nicht. Beim Schreiben musste man ein paar Kniffe beherrschen. So konnte ich nie direkt über die Entwicklungen im Modena Club Deutschland berichten. Das wäre dem Rotstift zum Opfer gefallen und nicht gedruckt worden. Also musste ich geschickt durch die Blume meine Botschaft zu den Züchtern bringen. Und die verstanden sie, man war geübt. In jedem Fall konnten die Züchter von einigen meiner Hinweise profitieren. Das alles erstreckte sich unter den „Modeneser-Bedingungen“ über einen Zeitraum von gut als zehn Jahren. Wo treffen sich Menschen aus Eigeninteresse, natürlich in Vereinen. Entsprechend gab das StasiMinisterium Anweisungen an alle möglichen Stellen, so auch an den VKSK, die Neugründung von Vereinen möglichst nicht zuzulassen. Das sah die Stasi als zusätzliche Aufgabe und wollte sie verhindern. Aus meiner Zeit in Frankfurt/Oder kannte ich aus dem Taubenverein einen Mann, der später ein entscheidender Mitarbeiter des VKSK wurde. In Leipzig nutzte ich ein Gespräch zwischen uns und sagte ihm, wir werden jetzt noch eine SZG Englische Modena gründen. Nach meinem Hinweis hüpfte er fast aus dem Anzug. Sein Wort klingt noch heute in meinen Ohren. „Das kommt nicht in Frage, sage ich dir schon heute. Ich rufe dich bei Gelegenheit im Betrieb an, dann reden wir noch einmal.“ Damit war die Tür zunächst nicht ganz zugeworfen. Ich als Gründer oder vielleicht Vorsitzender eines Konstruktes schied schon einmal aus. Meine WestOrientierung war bekannt und die Sorgen der Funktioniere deswegen groß. Folglich sollte eine politisch gangbare und technisch lösbare Struktur gefunden werden. Schritt für Schritt kamen wir dadurch einer Untergruppe Modena in der SZG Modeneser näher. An der SZG-Spitze stand damals Rudolf Schwabe. Parteipolitisch war er voll auf DDR-Linie, um die schrecklichen Einflüsse des Klassenfeindes abzuwehren. Ich ermutigte Günter Jarick, den ich bereits seit Anfang 1960 kannte und der inzwischen Modena-Züchter war, sich für den Vorsitz der Gruppe bereit zu halten. Und genau dieses Konstrukt wurde Realität. Der Versuch einer Neugründung eines selbständigen Vereins konnte so umgangen werden und trotzdem waren die Modena-Liebhaber unter sich. Das war unser Fundament für eine gute Entwicklung der Rasse. Auch als Zuchtwart in der neuen Modena-Gruppe achtete ich mit Argusaugen darauf, dass unsere Spitzentauben denen aus den West-Zeitungen sowie zu sehen oder beschrieben möglichst nahe kamen. Wir waren ehrgeizig und spornten uns gegenseitig an. Abhängen, das sollte nicht passieren. Die 1980er Jahre, bewegte Zeiten Unter der Regie von Günter Jarick war in Vetschau eine Ausstellungshalle mit Vereinsheim erbaut worden. Hier fanden einige der legendären DDR-Huhntauben-Schauen statt. Huhntauben ja, jedoch ohne die Kingtauben. Wiederholt konnten wir in Vetschau unsere Züchterfreunde aus der Bundesrepublik begrüßen. Es waren trotz aller Zwänge immer glückliche Stunden! Anfang 1980 stieß Reiner Schoppe, noch heute ein bekannter Kingtauben-Züchter aus Norddeutschland, zur Modena Gruppe. Eigentlich stammt er aus der Stadt Finsterwalde in der Niederlausitz. Zuvor hatten wir uns „beschnuppert“ und erkannt, dass beide eine parallele Westorientierung besaßen. Reiner Schoppe offerierte mir in einem Gespräch, das seine Mutter in den Westen fahren wird. Sie könnte eigentlich Modena mitbringen. Nur von wem stand für ihn als Frage. Es sollten schwarze Schietti sein. Zu Hause sah ich mir noch einmal alle Kataloge an und kam zu dem Schluss, die müssten von Günter Schuffert sein. Konstant hohe Bewertungen waren sein Markenzeichen. Aus meinem Züchtervorschlag entwickelte sich etwas. Hier wurden dafür Thüringer Farbentauben beschafft und die Mutter von Schoppe brachte zwei Paar schwarze Modena Schietti mit. Als ich die Taube zum ersten Mal sah gratulierte ich Reiner Schoppe spontan. Günter Schuffert hatte Tauben abgegeben, die uns richtig voran brachten. Wenn ich u.a. schwarze Schietti zu bewerten hatte, dann gab es zumeist ein oder zwei Höchstnoten. In der Regel waren sie Aus dem Schlag Schoppe, denn es waren die Nachzuchtgenerationen. So erlangte Günter Schuffert im Osten vollkommen unbewusst einen Heiligenschein, weil seine abgegebenen Modena für den Osten wegweisend waren. Erstmals durch die Mauer geschlüpft Genau eine Woche vor dem Mauerbau besuchte ich mit meiner Mutter den Zoo in West-Berlin. Es war nicht zu ahnen, dass es für Jahrzehnte nicht mehr sein sollte. Im Dezember 1986 gab es bei uns familiär einen Anlass, dass ich in die alte BRD reisen „konnte“. Es war schon sehr problematisch, die Genehmigung für 10 Tage zu bekommen. Mit der Hilfe von Bernd Beck war ich einen Tag in Süddeutschland am Krankenbett, sonst nur bei meinen Taubenfreunden. Täglich von 8 bis 21 Uhr Züchter- und Ausstellungsbesuche. Phillip Schmidt konnte ich so noch kennen lernen. Wilhelm Mankel war bereits zuvor verstorben. Bei Bernd war ich natürlich auch und bei Peter Schleith in Köln-Liblar. Und sonst sah ich viele Modena in Schlägen und auf Ausstellungen, was mir ungemein half, unsere Tauben im Osten bei der Bewertung noch besser einschätzen zu können. Nur, ich wagte mir nicht Tauben mitzunehmen. Damals war ich 39 Jahre und so ein heißer Kandidat für eine fette Kontrolle der Ost-Grenzer. Schließlich wollte ich im Mai 1988 wieder 10 Tage in den Westen fahren, was auch so eintrat. Mauer auf, neue Gedanken Gut 8 Wochen nach dem Mauerfall fuhren wir mit Günter Jarick als Richter zu einer Schau. Dabei unterhielten wir uns im Auto, wie die organisatorische Zukunft der Modena-Züchter im Osten aussehen könnte. Wir tendierten frühzeitig in Richtung Modena Club Deutschland, obwohl die politischen Grundlagen im Land noch längst nicht gegeben waren. Die folgenden Kontaktaufnahmen zu Joseph Graf, der dem Club damals vorstand, verliefen ausgesprochen positiv. Damit waren die Weichen ganz klar gestellt, als Gruppe Ost Teil des Modena Clubs zu werden. An den Versammlungsakt selbst erinnere ich mich noch sehr genau. Dabei läuft es mir selbst heute kalt über den Rücken. Die Aufbruchstimmung damals war ergreifend. Würde und Freude, das waren die beiden Seiten einer Medaille, die wir gemeinsam mit den Modena-Freunden Graf und Schindler erleben durften. 1992 in Köln Mit dem Datum können sicher gleich mehrere Modena-Freunde nichts anfangen. Und trotzdem war es ganz entscheidend für die Rasse! Unmittelbar nach der Wende wurde ich Mitarbeiter im BZA. Der Modena Club hatte die Neufassung des Standards eingereicht und auch das Standardbild. In Köln war 1992 die LV-Schau, an die die HSS der Modena angeschlossen war. Die Kölner hatten mich als Richter verpflichtet. Am Vorabend traf ich mich mit Ernst Meckenstock, damals Vorsitzender des BZA. In dessen Haus, um das gesamte Thema Modena-Standard zu besprechen. Nach der Bewertung trafen sich für den Modena Club Joseph Graf, Alfred Mages und Jacky Grauss, für den BZA Meckenstock und Zerna. In einem sehr sachlichen Gedankenaustausch, der seine Fortsetzung direkt an den Käfigen ausgestellter Tauben fand, wurde die Antragstellung bearbeitet und weitgehend bestätigt. Das war der aktive Teil, der zum heute gültigen Standard führte. Das bei so einer Umstellung nicht immer alles glatt und rund läuft, ist nicht neu. Meine kritischen Anmerkungen von vor einigen Jahren zu dem Thema bezogen sich klar auf sichtbare Extreme, die leider nicht immer in der entsprechenden Weise wie notwendig durch klare Bewertungen ausgeschlossen wurden. Inzwischen bewegen wir uns wieder auf einem Niveau, dass Standard und Tauben im Einklang sieht. Der beste Beleg dafür war der Europa Champion von Bernd Beck aus dem Jahr 2017, der als Strahlemann alle Vorzüge eines Modena zeigte.

 

Martin Zerna.